Moin,
ich bin Nona und mache seit August mein freiwilliges soziales Jahr hier in der Gemeinde. Ich schreibe seit einigen Jahren sehr gerne Texte in verschiedenen Formen und habe viel Spaß daran meine Gedanken oder auch für mich wichtige Informationen in Worte zu fassen, vielleicht hast du ja schon den Text von mir zum Thema Jugend und Corona im letzten Gemeindebrief gelesen…? Da das Gemeindeleben aufgrund der Pandemie aktuell zienlich eingeschränkt ist, habe ich nun die Gelegenheit mir die Zeit zu nehmen und meine Gedanken zu verschiedenen Themen die mir am Herzen liegen zu formulieren und hier in „Nonas Gedankenwelt“ zu veröffentlichen, ich freue mich sehr und bin schon gespannt was dabei rumkommen wird!
Das wird dich hier erwarten
Um ganz ehrlich zu sein, ich weiß es auch noch nicht so genau. Vermutlich wird es eine wilde Mischung aus politischen Themen, pandemiebezogenen Texten und vielleicht auch einigen kleinen Einblicken in meine private Gedanken-, und Gefühlswelt. Ich habe mir vorgenommen möglichst viele verschiedene Menschen mitzunehmen und manchmal auch einen Perspektivwechsel zu ermöglichen. Ich will diese Gelegenheit nutzen um deinen Horizont zu erweitern und den Dingen die mich aktuell beschäftigen und bewegen einen Raum zu geben. Ich freue mich natürlich auch über Feedback und konstruktive Kritik!
Und nun zum Thema gendern
Zwischen Gendersternchen, Unterstrich und Binnen-I, zwischen „Genderwahn“ und Geschlechtergerechtigkeit. Seit einigen Jahren wird viel darüber diskutiert, ob und inwiefern es wichtig, sinnvoll oder nötig ist, alle Geschlechter im gesprochenen oder geschriebenen Wort sichtbar zu machen. Hierbei kommt es oftmals zu hitzigen Debatten und wer sich nicht mit der Materie auskennt, verliert sich schnell im Chaos der verschiedenen Meinungen und Aspekte. Darum versuche ich hier ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, wobei ich meine persönliche Position zu dem Thema auch erläutern und begründen werde.
Was bedeutet „gendern“ überhaupt?
Im Englischen gibt es die Unterscheidung zwischen Sex, dem biologischen Geschlecht und Gender, der Geschlechtidentität, dem „sozialen“ Geschlecht. Dieses besagt, mit welchem Geschlecht sich eine Person identifizieren kann, unabhängig von ihren biologischen Merkmalen. Beim gendern geht es darum, alle Geschlechter nicht nur mitzumeinen, sondern mitzunennen. Hierfür gibt es viele Möglichkeiten, welche ich am Ende noch ausfühlicher erläutere.
Woher kommt das Dilemma?
Als die deutsche Sprache entstand, gab es keinen Bedarf nach geschlechtsneutralen Bezeichnungen. Die Gesellschaft war klar aufgeteilt in männliche und weibliche Aktivitäten, so waren die meisten Berufe männlich, da auch primär Männer beruflichen Tätigkeiten nachgegnagen sind. Die Frage nach einem Begriff, welcher nicht nur männliche Bäcker sondern auch weibliche Bäckerinnen zusammenfasst, stellte sich also garnicht erst. Später, als auch Frauen nach und nach begannnen „männlichen“ Tätigkeiten nachzugehen, waren sie schließlich einfach „mitgemeint“ und das genereische Maskulinum entstand (also das Prinzip dass bei einer männlichen Bezeigchnung auch Menschen anderen geschlechts gemeint sein können, so werden auch Frauen Anwalt und zur Wahl des Bundeskanzlers kanditiert eine weibliche Person).
Doch heißt mitgemeint gleichzeitig auch mitgedacht?
Um die Problematik des „mitmeinens“ zu erkennen bedarf es nur eines kleinen Expremimentes; die Augen zu schließen und sich einen Arzt vorzustellen. Die meisten werden nun vermutlich einen weißen Mann mit Kittel vor ihrem inneren Auge sehen. So geht es einem Experiment von „PULS Reportage“ nach auch Grundschülerinnen: wenn sie mit einer Reihe an Berufen konfrontiert werden, welche im generischen Maskulinum, also in der männlichen Form, welche die anderen Geschlechter „mitmeint“, aufgezählt sind. Dann trauen sie sich viele Berufe nicht zu, während sie bei einer gegenderten Aufzählung (Physiker*in, Astronaut*in, Lehrer*in…) sich relativ frei von Klischees einen Beruf erträumen können. Auch erwachsene Frauen in „typischen Männerberufen“ bei welchen oftmals nur die männliche Bezeichnung genutzt wird, haben oftmals damit zu kämpfen, ernstgenommen und als Person vom Fach behandelt zu werden. Doch auch Männer werden von „mitgemeinter“ Sprache zeitweise auf der Strecke gelassen; in der umgangssprachlichen Bezeichnung der Krankenschwester spiegelt sich bereits direkt wieder, wie wenig Platz für Männer in der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Pflegeberufen ist, wie auch in den meisten anderen sozialen Tätigkeiten.
„Aber gegenderte Sprache stört den Lesefluss“
Wer keine gegenderte Sprache gewohnt ist, stolpert erstmal über die sonderbaren Formulierungen und Zeichen. Es kann zunächst ungemütlich sein und auffallen, doch ist das schlecht? Ungemütlich heißt erstmal, dass es ungewohnt ist, wir merken deutlich dass wir unsere gewohnten und erlernten Sprachangewohnheiten verlassen und das kann zu solperern führen. Doch wenn es darum geht, dass auch Menschen die keine Männer sind gesehen und gehört werden, ist es vielleicht manchmal garnicht so schlecht aufzufallen und ungemütlich zu sein. Das Stolpern ist vielleicht kein Zeichen von Versagen der gegenderten Sprache, sondern ein Signal dass nicht nur unser Schriftbild, sondern auch unsere Gesellschaft im Umbruch ist.
Auch dass sich unsere Sprache ständig wandelt ist kein neues Phänomen, so findet mein Vater einige Dinge „knorke“, während ich sie eher „nice“ oder „fancy“ nennen würde und mal ganz ehrlich, wer würde sich heutzutage noch als „holdselig“ bezeichnen?
Mein persönliches Fazit
Ich habe schon vor einigen Jahren angefangen, auf meine Sprache zu achten und zu versuchen, möglichst diskriminierungsfrei zu formulieren. Für mich gehört gegenderte Sprache eindeutig dazu und auch wenn es natürlich eine Umstellung ist, fühlt es sich heute für mich ganz natürlich an und ich fühle mich eher unwohl, wenn ich irgendwo nur die männliche Bezeichnung höre, obwohl ganz klar Menschen verschiedenen Geschlechts gemeint sind. Natürlich bin auch ich nicht fehlerfrei, doch das ist garnicht meine Intention. Ich träume von einer Gesellschaft in welcher es keine Diskriminerung gibt und in der alle Menschen ganz deutlich willkommen sind. Für mich gehört es als logische Schlussfolgerung einfach dazu, damit in meiner Sprache zu beginnen, denn wenn sich schon unser Ausdruck nicht ändert, wie sollen da die Gedanken und letztendlich auch die gesellschaftlichen Strukturen jemals folgen? Das heißt für mich im Umkehrschluss natürlich nicht dass ich Leute die nicht gendern grundsätzlich veruteile oder unsympathisch finde, doch würde ich mir wünschen genauso wenig dafür verurteilt zu werden, dass mir das Thema trotzdem ein Aliegen ist und am liebsten treffe ich auf Menschen, welche für konstruktive Gespräche und Diskussionen offen sind.
Doch wie funktioniert gendern eigentlich?
Zunächst ist es wichtig, dass noch kein*e Meister*in vom Himmel gefallen ist; es ist keine Schande sich zunächst vorsichtig an das Thema heranzutasten und sich auch Unperfektheiten zu erlauben. Beim Gendern geht es darum, alle Geschlechter in der Sprache sichtbar und vor allem hörbar zu machen. Das kann folgendermaßen aussehen:
- Geschlechterspezifische Formulierungen vermeiden (Studierende, Teilnehmende, Menschen mit roten Haaren…)
- Das „Binnen-I“ (SchülerInnen, TeilnehmerInnen…) spricht deutlich Leute an, die sich als männlich oder weiblich identifizieren, nicht aber queere Menschen die aus dem binären Geschlechtersystem herausfallen (nicht alle Menschen fühlen sich als Mann oder Frau, das genauer zu erklären würde hier leider den Rahmen sprengen, doch wer sich dazu weiter informieren will, kann einfach mal „genderqueer“ in die Suchmaschine des Vertrauens eingeben).
- Sowohl Genderstern (Bäuer*innen, Tänzer*innen..), Unterstrich (Maler_innen, Politiker_innen) als auch Doppelpunkt (Autor:innen, Anwält:innen) sprechen explizit Menschen aller Geschlechter an. Hier gibt es keine Formellen, sondern nur ästhetische Unterschiede; jede*r so wie er*sie sich am wohlsten fühlt! Ausgesprochen wird dann einfach an der Stelle des Sonderzeichens eine kleine Pause gelassen (wie beim Wort „Spiegelei“).